BÖTTCHER-NEWSLETTER 4/2014
VON GESTORBENEN BÄDERN, BLUMEN IM
EISGRAU UND ALLERLEI ANDEREN ELEMENTAREN PROFANITÄTEN.
Liebe Freunde,
hier kommt - angesichts meines wackeren
Vorhabens in diesem Jahr etwas regelmäßiger zu schreiben - mit
reichlich Verspätung endlich Neues aus meiner kleinen Schreibstube
in Himmelherzhausen (in der relativen Nähe von Hamburg und der
dramatischen Nähe von Takatukaland). Ich war sehr gerührt darüber,
dass einige von euch diese Unregelmäßigkeit meiner Lebenszeichen
durchaus bemängeln und es mich sogar haben wissen lassen. Danke
schön dafür!
Diesmal zu Beginn der sachdienliche
Hinweis, dass ich persönlich per Mail weiterhin via
boettcher@boettchercom.de
zu erreichen bin. Wenn ihr mir schreiben wollt, benutzt bitte diese
Adresse. Zwar kommen eure Mails auch an, wenn ihr diese
Newsletter-Versand-Adresse benutzt, aber meist doch mit deutlicher
Verzögerung (ich sag das nur, damit ihr es mir dann nicht als
Unhöflichkeit auslegt, wenn ich so skandalös spät antworte) :)
***
Ein paar Neuigkeiten: In meinem Leben
ist natürlich wie immer viel Trubel (gähn). Ich hoffe, in eurem
auch. :-) Allerdings wünsch ich euch, dass eurer überwiegend oder
gar ausschließlich positiv ist. Meiner hatte mal wieder ein paar
Facetten und Tücken parat, auf die ich gern verzichtet hätte.
So habe ich zum Beispiel kürzlich im
Zuge einer Reise nach London auch das Innenleben einer englischen
Intensivstation kennenlernen dürfen – eine Erfahrung, auf die ich
eigentlich ganz gern verzichtet hätte. Allerdings gab auch dort
einiges zu erleben, das mir als überzeugtem Intensitätssucher und
Freund tragikomischer Lebensmomente durchaus gefallen hat.
Man muss sich das ungefähr so
vorstellen: Nachdem ich einen recht gepflegten Zusammenbruch
erlitten, einige Stunden mit absurd hohem Fieber verlebt und
insgesamt nicht mehr sonderlich viel gemerkt hatte, wurde mir
allmählich wohler und in diesem Zuge auch bewusst, wo und wer ich
eigentlich war, nämlich ich selbst - in einem Krankenhaus außerhalb
Londons, das architektonisch so ziemlich alle Zutaten einer
schlechten englischen 70er-Jahre-Arzt-Serie zu bieten hatte -
inklusive eines Röntgenraums, den man mit Wohlwollen eher noch den
40ern zuordnen würde - und der interessanterweise vornehmlich Nachts
genutzt wurde. (Ich wurde stilgerecht in einen Rollstuhl gesetzt und
dann von einem dumpf summenden Pfleger dorthin geschoben, der Boris
Karloff in Aussehen und Attitüde durchaus nicht unähnlich war).
Noch auf der Intensivstation begegnete
ich einer wahrscheinlich wohlmeinenden dunkelhäutigen Pflegerin
ungeklärter Nationalität, die mich markant mit den folgenden Worten
ansprach: „Dattabass?“ Ich schaute sie an - wahrscheinlich
ungefähr so, wie im 15.Jahrhundert ein portugiesischer Matrose die
Indios. „Dattabass?“ wiederholte sie und ich hauchte „Sorry?“
„Dattabass!“ insistierte sie nun. Und gleich nochmal und nochmal,
während ich ihr mimisch gekonnt weitere Fragezeichen zuwarf.
„Dattabass! Dattabass!“ Ihr Tonfall hatte schon etwas sehr
Dringliches und ich begann mich wirklich wie ein Idiot zu fühlen
(was ja im Übrigen nicht so ein arg ungewöhnlicher Zustand für
mich ist). „Databass! Databass!“ Ich bat sie schließlich es
nochmal gaaaanz langsam zu sagen und erhoffte mir dabei Erhellung für
meinen maladen Kopf. „Dead-of-Bath“ sagte sie nun und ich gewann
sie spontan etwas lieb, weil ihre Bemühung so aufrichtig wirkte.
Dann dachte ich: „Tod des Bades? Woran ist es denn gestorben?“
Das machte aber irgendwie gar keinen Sinn. Als sie abermals
wiederholte, reimte es sich in mir dann endlich stückweise zusammen.
Ich musste dabei übrigens plötzlich an einen englischen Kameramann
denken, der mich vor Jahren bei einem Werbespot-Dreh mal folgendes
gefragt hatte: „Turveys?“ (ich hatte damals nach etwa zwei
Minuten Stutzigkeit herausgefunden, dass er „two of these?“
erfragen wollte und damit eine gewisse Sorte Scheinwerfer meinte).
Dead of Bath. War das Bad also wirklich gestorben? Sie wiederholte es
nochmal jetzt noch langsamer, wohl um dem deutschen
Volltrottel eine weitere Chance auf Weiterbehandlung zu geben. Dann
endlich kapierte ich endgültig. Dead-of-Bath!! Ha! Nix da! Ich hatte
den Code entschlüsselt! Date of Birth, Date of Birth!! Mein schnödes
Geburtsdatum war es, das ihr ungeduldiges Interesse geweckt hatte!
Hurra! Das konnte ich dann ja sogar fehlerfrei beantworten! Ich war
gerettet!
Gelernt habe ich daraus übrigens
folgendes: Wenn man denkt, dass man etwas beherrscht – zum Beispiel
eine Fremdsprache oder auch das Leben an sich (und sei es nur das
eigene)– wird man immer wieder überrascht und am Ende eines
deutlich Besseren belehrt. Zugegeben, das klingt profan. Isses aber
nicht. Wer kann seinem Leben aus eigener Kraft und eigenem Wollen
auch nur einen einzigen Tag hinzufügen? Eben. Und das gilt ja nicht
nur für Bäder.
Nachdem ich die Intensivstation
verlassen und zwischendurch mit verschiedenen Ärzten mit
verschiedenen Dialekten (pakistanisch, chinesisch, indisch,
east-end-isch) geplaudert hatte und anschließend in ein Zimmer mit
acht dem-Tode-recht-nahen englischen Herrschaften verlegt worden war,
traf ich dann noch eine Krankenschwester, die, falls nicht sowieso
dort entsprungen, unbedingt in eine Geschichte von Nick Hornby
gehört. Sie war wirklich faszinierend: Typ gutmütige Familienmutter
mit reichlich Herz- und Hüftgold, um die fünfzig, ganz besonders
fröhlich und mit einer unübersehbaren Affinität für Musik. Nicht
genug damit, dass sie mich stets flötend und mit unübersehbarer
Wertschätzung „Mr.Rock'nRoll“ nannte (nachdem sie wohl auf
meinem Einlieferungsschein gelesen hatte, was ich so beruflich
mache), sondern sie sang auch die ganze Zeit! Sie sang
sogar meine Fieber- und Blutdruckwerte – ebenso die der anderen
Patienten. Diese Frau war direkt aus einem Musical gehüpft – einem
total grandiosen wohlgemerkt. Außerdem nannte sie uns alle dauernd
„Sweety“, „Honey“ und „Darling“. Und ich dachte: Wow.
Diese leuchtende Seele ist wie eine wunderschöne Blume inmitten
einer eisgrauen, todverheißenden Umgebung. Ich war entsprechend
traurig, als ihre Schicht vorbei war. Aber nur ein Weilchen, denn
kurz darauf ist es mir dann glücklicherweise gelungen, mit wehender
Frisur und Nachthemd aus dieser ansonsten sehr kargen Unterkunft zu
flüchten (hier: Propz an meinen wunderbaren Freund Barry Guy. Thx,
Mate) und meinen großartigen Bruder Sven Böttcher, der dann meinen
Rückflug ohne Leichensack organisiert hat ;)
Ja, und apropos Schicht noch: Seit ich
wohlbehalten und etwas verspätet wieder hier angekommen bin, wartet
viel Arbeit auf mich– und es passieren dabei einige schöne und
interessante Dinge (die euch ja womöglich noch etwas mehr
interessieren, als meine Fremdsprachenkenntnisse und
Hospital-Erlebnisse) ;)
APDEHT: KÜNTSLERISCHE ATKIVITETÄN
**Henry, Karsten und ich sind weiter
fleißig und mit Freude dabei, wöchentlich unsere Miniserie „Neulich
im Bundestag“ für das TV-Satiremagazin Extra3 (NDR/ARD) zu
produzieren. Wenn ihr mögt, schaut mal rein – es gibt alle Folgen
(es sind mittlerweile mehr als 100) auch in der U-Tube. Wir haben die
„Million Klicks“ längst geschafft und freuen uns darüber
wirklich sehr. Zumal die Serie weiter gut ankommt und uns das
natürlich auch die Chance gibt, uns in der verbleibenden Zeit weiter
den schönen Künsten zu widmen:
**Mit unserem aktuellen Album
„IV:Revolution“ haben wir in den letzten Monaten eine Reihe von
wunderbaren Konzerten quer durchs Land spielen dürfen. Für den
Herbst (ab November) ist eine weitere Tour mit dem „Orchester des
himmlischen Friedens“ geplant, die uns durch Deutschland,
Österreich und die Schweiz führen wird. Wir freuen uns wirklich
schon wieder sehr darauf, euch dann unterwegs zu treffen.
Wahrscheinlich werde ich im nächsten Newsletter schon einen ganzen
Haufen der Termine und Orte verraten können.
**Bis zur Tour werden wir nur
vereinzelt Konzerte geben. Darunter aber eines, auf das ich mich
jetzt schon sehr freue. Als „Special Guests“ des amerikanischen
Singer/Songwriters Jann Klose werden wir am 16.08. in der Prinzenbar
in Hamburg auftreten. Wenn ihr mögt, merkt euch das doch schonmal
und kommt vorbei. :-)
„Make it better“ von Jann Klose:
https://www.youtube.com/watch?v=stEjfSzO9CQ
**Außerdem arbeite ich grade fleißig
an meinem neuen Buch, das rechtzeitig zur Tour erscheinen soll. Titel
und mehr Details dann im nächsten Newsletter. Ich kann aber schonmal
verraten, dass es kein Roman sein wird, sondern eine ausufernde
Gedanken- und Geschichtensammlung im Stile unserer Poesie-CD
„Anklagend Schweigend Rosenrot“. Falls Ihr Freude an dem Album
und kleinen Geschichten á la „Wie ich eines Abends mit Gott
Champagner trank und danach beinahe die Treppe heruntergefallen wäre“
hattet/habt, könnte euch das neue Werk also womöglich auch
gefallen. Ich hoffe natürlich darauf. :-)
Oh, apropos, falls ihr es noch gar
nicht kennt, hier nochmal der Clip zum himmlischen
Champagner-Umtrunk:
**Das ungewöhnlichste Projekt von
allen ist dann wohl dies: Wir befinden uns derzeit auf der
Zielgeraden betr. des Deals zu einer eigenen kleinen TV-Talksendung,
die ab Oktober ausgestrahlt werden soll. Unsere Verhandlungen mit dem
christlichen Sender und Kollaborateuren sind schon recht weit
gediehen. Momentan scheint es, als wäre die Produktion der ersten
Staffel quasi eingetütet. Yee-haw. Ich werde /würde dann die Chance
haben, mit einigen wunderbaren Gästen über das Leben als solches zu
schwatzen. Und freue mich schonmal ein bisschen vor. Weitere Details
auch dazu dann also demnäxt. :-)
**Erschienen ist übrigens kürzlich
das Büchlein „Adieu- Geschichten von Abschied und Aufbruch“, zu
dem ich ein Kapitel beisteuern durfte (Chrismon Verlag, erhältlich
im Buchhandel und Online). Auch das wirklich schöne Album
„Versprochen“ von der großartigen Dania König möchte ich euch
nochmal ans Herz legen (inklusive meines Songs „Gefunden“).
***
Danke wie immer für eure Mails, Briefe
und Ermutigungen. Es bleibt wunderbar, euer wohlmeinendes Feedback zu
bekommen und mit euch im Herzen so verbunden zu sein. Wie schön das
wirklich ist, hat mir u.a. auch die oben erwähnte
Krankenhaus-Episode wieder gezeigt. Das Leben ist ein wilder Ritt. Es
bleibt großartig, sich dabei, in welcher Form auch immer,
gegenseitig die Fieberwerte vorzusingen. Und dabei an eine himmlische
Kraft zu glauben, die uns alle liebt und schützt und trägt - und
Humor hat. Und dabei selbst zu lächeln.
Hier, wie üblich, zum Schluss noch
meine Zitate des Monats... :-)
„Black mascara angel, bring a hail to
my soul.“
(Johnny Two Bags)
„Omfg! I was only kidding!!!“
(das minderjährige Mädchen, das sich
kürzlich per Twitter als arabische Flugzeug-Bomben-Terroristin
ausgegeben hatte und daraufhin Besuch vom FBI bekam)
„Put the God badge down and love
someone“
(Jon Foreman)
„Kommet her zu mir alle, die ihr
mühselig und beladen sein; ich will euch erquicken. Nehmet auf euch
mein Joch und lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen
demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen, denn mein Joch
ist sanft und meine Last ist leicht.“
(Jesus in Matthäus 11)
Bis bald... ich hoffe, wir sehen uns
unterwegs...
pax
jens
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de luca
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