Mittwoch, 18. September 2013


BÖTTCHER-NEWSLETTER SEPTEMBER 2013

VON DER REVOLUTION, DER ERSCHÜTTERUNG UND EINER REISE, DIE SOWIESO NICHT ENDET.

Liebe Freunde,

hier mal wieder ein mittelgroßer Zeilenhügel aus meiner kargen Schreibstube in Himmelherzhausen. Ich bin übrigens selbst erstaunt, dass ich diesen Newsletter in den letzten Monaten so regelmäßig hinbekomme. Und freue mich mit denen unter euch, die ihn gern lesen (und es mich hin und wieder sogar wissen lassen, danke!). Es gäbe so vieles zu schreiben, zu berichten, zu erzählen – und tatsächlich reizt es mich, genau das jetzt zu tun, aber leider fehlt es mir ein wenig an diesem sogenannten Zeit-Ding.:-) Beschränke ich mich also auf das, was mir grad am Wichtigsten erscheint, nämlich euch jetzt voller tiefempfundener Freude zu erzählen, dass es soweit ist! Nach einem Jahr intensiver Arbeit vor und (hauptsächlich) hinter den Kulissen, präsentieren meine Waffelbrüder* und Homies Henry Sperling und Karsten Deutschmann euch die Veröffentlichung unseres neuen Albums „IV: Revolution“. Unser neues Werk ist ab sofort quasi überall erhältlich. Als kleinen Appetithappen ist hier zunächst mal der Link zum ersten Video. Checkt das aus! :-))

JENS BÖTTCHER & DAS ORCHESTER DES HIMMLISCHEN FRIEDENS feat. Dania König „Liebe, Schatten, Angst + Licht“


Wenn euch diese Zeilen erreichen, müsste das Album übrigens nicht nur als Download bei den gängigen, verdächtigen Großkonzernen zum Verkauf stehen, sondern überdies auch als analog-old-schooliges, also ganz und gar haptisches Erlebnis – soll heißen: Die CD kommt im plastikfreien Digipack daher, mit einem schönen 24seitigen Booklet, das unser Freund und Künstlerbruder Jochen Schultheis aus Stuttgart wieder so famos gestaltet hat, dass ich fast geneigt bin, euch zu raten, euch nochmal mit eurem schnellen Download-Kaufklick-Finger zu unterhalten und statt der MP3-Version doch die Coffeetable-Variante zu erwerben. Für den Fall, dass ihr reinhören mögt, ist hier vorab mal der Link nach Amazonien – da könnt ihr schon mal Snippets von allen 17 Songs lauschen …



Zum Thema Amazon, Itunes, Mediamarkt etc. dann noch schnell dies: Wir alle haben ja die Chance, unsere Lieblingskünstler und Lieblingsshops zu unterstützen, indem wir ihre Werke direkt bei ihnen oder im „kleinen Laden umme Ecke“ kaufen. In Hamburg gibt es das „IV:Revolution“-Album beispielsweise auch in der Evangelischen Buchhandlung Holstenstraße. Und natürlich könnt ihr auch direkt bei uns bestellen. Kurze Mail an info@gentleart.de genügt, wir schicken euch dann gern ein Album per Post und mit Rechnung zu (15€ zzgl. Versand). Auch die EP „IV:Revolution #2“ mit 6 weiteren Songs könnt ihr direkt bei uns ordern (als Papersleeve-CD für 10€ oder als 12“ Vinyl für 15€).

Und diese kleine Bemerkung über Amazon & Co bringt mich jetzt ohne viele Schleichwege und ziemlich direkt zum Eigentlichen. Das Album heißt ja nicht grundlos „Revolution“. Oh, bevor ihr weiterlest - dieses kleine Filmchen sagt vielleicht mehr über die Intention, als ich jetzt hier in wenigen Worten vollbringen kann.

EPK- IV: Revolution.

Zur Vertiefung vielleicht noch dies: Die Revolution, um die es also geht, ist keine, die irgendwen auf die Barrikaden treiben soll und sie hat nicht mit Gewalt zu tun, sondern mit Sanftmut. Es ist eine, die nach innen zielt - eine, bei der es um die Bereitschaft geht, das was man selbst glaubt und oft auf bizarre Weise für „richtig“ hält, einer Prüfung zu unterziehen und den Mut aufzubringen, kurz innezuhalten und anzuschauen, was in uns allen eigentlich schiefgeht.

Es ist eine Revolution, bei der es keine Feindbilder gibt, weil Feindschaft an sich schon Teil des Problems ist, das die meisten von uns ganz offensichtlich haben (der hier Schreibende jedenfalls hat damit persönliche Erfahrungen). Und sei es nur die Feindschaft zu einem Teil von uns selbst (der hier Schreibende jedenfalls hat damit persönliche Erfahrungen) ;) Die Revolution, von der ich also hier rede (und normalerweise eher singe), ist eine, die nicht mit äußeren Aktivitäten, nicht mit Religionen, nicht mit den „richtigen“ Parteien und Systemen, nicht mit Gutmenschtum, nicht mit Zynismus, nicht mit Selbstgerechtigkeit, nicht mit durch „Wachstum“ (Argh, ich kann das nicht mehr hören!!) und Habgier motiviertem Krieg, nicht mit erpresstem Frieden, weder mit happy-go-lucky-Frömmigkeit noch mit unhappy-go-Drogensucht-Fatalismus zu erreichen ist. Diese Revolution hat NUR mit uns selbst zu tun ; irgendwo da unten in unseren Seelen, unserem Geist, wie immer man es auch nennen mag, wartet die Antwort auf eine Frage, die wir normalerweise nicht zu stellen wagen. Dass diese Revolution deshalb nicht im handelsüblichen Sinne „funktionieren“ kann, ist übrigens von vornherein klar. Sie lässt sich nicht organisieren und nicht strukturieren. Und sie ist keine Mission, schon gar nicht bin ich dabei ein Missionar (ich sitze dabei im Glashaus und habe für einen Moment meine Steine gegen Wattebäuschchen eingetauscht). Es ist eine Revolution, die sich gegen die Angst wendet, indem sie die Angst umarmt. Und es gibt überhaupt einen verdammt guten Grund dafür, dass wir Angst haben, an eben den inneren Ort zu gehen, an dem sie überhaupt erst beginnen kann, die vermeintliche Umkehr. Da wartet etwas sehr Ungewohntes, etwas, von dem wir annehmen müssen, dass es uns etwas Furchtbares antun könnte, ein Nichts, das womöglich aber auch ein „Alles“ ist – ein Alles wiederum, das dann ganz plötzlich womöglich aber gar nicht mehr aus Angsteinflößendem besteht, nicht mehr aus dem unbarmherzigem Leistungsdruck, nicht mehr aus der vielfältigen Bestrafung, die wir alle bereits erlebt und erspürt haben und auf deren Ritualisierung wir alle uns immer wieder verlassen (und wieder: das geht von Religion bis X).

Was aber wäre, wenn an diesem Ort, in diesem Nichts, diesem Alles, ungeahnte Gnade auf uns wartet? Eben nicht außen, sondern innen. Eine Liebe, die in der Stille beginnt und im Getöse einer ausgelassenen, sturzfreudetrunkenen Friedensparty endet? Für den Moment. Vielleicht nur für einen Moment. Vielleicht auch für länger. Wer weiß es? Ich nicht. Ich war bislang immer nur zu Besuch dort, obwohl ich doch so sehr und fest daran glaube, dass es mein Zuhause ist.

Auf dem Revolution-Album geht es ausschließlich um diese endlose Reise nach innen. Und eigentlich geht es dabei auch nicht um das Ankommen, sondern um das Unterwegssein. In all dem: geht’s in den Songs um Liebe, um Glauben, um Verrat, um Lügen, um Ehrlichkeit, um Dunkelheit, um Schmerzen, um Schweres und Leichtes, um Vergebung, um Gnade, um lähmende Angst, um die befreiende, unvergleichliche Poesie und die Tragik des Liebens, um das Reisen und das Ankommen – und um das, was uns alle schützt und hält. Es geht um eine tiefe Erschütterung in uns selbst, die uns überraschenderweise nicht (!) in die Psychiatrie führt, sondern wenigstens in die temporäre Nähe, in die Grenzgebiete des inneren Friedens. Und darum, wie es sich anfühlt, nicht länger Recht haben zu wollen.

Und darum, wie es sich anfühlt, wenn man sich nicht mehr fragen muss, ob es ein Leben nach dem Tod gibt, sondern ob es ein Leben vor dem Tod gibt.

***

Und zum Schluss wie immer meine Zitate des Monats... :-))

There are only so many people you can carry in your small boat before their weight sinks you. A hundred you can carry whom you love. But barely one you wish to harm.“
(Hafiz)

Wisdom ceases to be wisdom when it becomes too proud to weep, too grave to laugh and too selfish to seek other than itself“
(Gibran)

Zimmerservice? Schicken Sie mir bitte ein größeres Zimmer hoch.“
(Groucho Marx)

Danke für eure Mails, eure Kommentare, eure Geschichten und eure Freundschaft. Wir sehen uns auf Tour oder sonstwo. :-)

Pax y'all :-)
jens


* Obacht, das war kein Tippfehler, eher eine spontane Hommage an den frühen Woody Allen („Vorsicht, er trägt eine Waffel.“) :-)

Mail an Jens via boettcher@boettchercom.de
Facebook (Jens Böttcher oder Paco de Luca)

Alben
Himmelherz (2005)
Reisefieber (Doppelalbum 2007)
Viva Dolorosa (2010)
Anklagend Schweigend Rosenrot (Lyrik-Album 2012)
Am Ende des Tages (Songauswahl, 2012)
IV: Revolution (2013)

Bücher
Steiner (2007)
Der Tag des Schmetterlings (2009)
Interview mit dem Teufel (2011)

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